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Interview mit Kathrin Kiesel und Björn Hickmann. 14. Juli 2021

Coreum unter vollem Puls

Kathrin Kiesel (1986) und Björn Hickmann (1984) sind Herz und Seele des Coreums. Trotz guter Auslastung im vergangenen Jahr hoffen „die Unterstützerin“ und „der Förderer“ – so definieren sie sich auf ihren Visitenkarten – gemeinsam mit ihrem Team darauf, dass es im und um das Coreum bald wieder so „wuselt“ wie in der Vor-Corona-Zeit.

Björn Hickmann und Kathrin Kiesel.
Björn Hickmann und Kathrin Kiesel.

Im Herbst 2018, also vor rund zweieinhalb Jahren, hat das Coreum in Stockstadt am Rhein seinen Betrieb aufgenommen. Seither entwickelt es sich unter der Geschäftsführung von Kathrin Kiesel und Björn Hickmann zu einer Plattform für alle Baumaschineninteressierte. Auch in Zeiten der Pandemie war die Nachfrage groß. So groß, dass mittlerweile Pläne für eine Kapazitätserweiterung vorliegen.

Frau Kiesel, Herr Hickmann, wie hat sich das Coreum in den letzten zweieinhalb Jahren entwickelt?

Kiesel: Wir wurden gleich nach der Eröffnung von der Nachfrage aus der Branche überrannt. Das erste Jahr war wirklich großartig und hat alle unsere Erwartungen übertroffen.

Und dann kam Corona …

Kiesel: Genau. Doch wir haben uns sehr schnell auf die neue Situation eingestellt und einige Veranstaltungsformate anders organisiert. Lediglich sechs Wochen im März und April letzten Jahres lief hier während des Lockdowns definitiv nichts.

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Danach haben wir unser Hygienekonzept an die neue Situation angepasst und konnten somit wieder Veranstaltungen durchführen – in kleinerem Stil, mit kleineren Gruppen. Wir hatten viele technische und vor allem Fahrertrainings im Haus. Also Schulungen in Bereichen, die man online nicht vermitteln kann. Selbstverständlich haben wir parallel hybride Konzepte ausprobiert. Doch bei einigen Themen, so unsere Erfahrung, muss man zwingend vor Ort und direkt an der Maschine sein.

Summa summarum war das Haus im schwierigen vergangenen Jahr durch Trainings, Seminare, Anwendungsberatung und Maschinentests immer gut besucht.

Sie hatten also keine wirtschaftlichen Rückschläge zu verzeichnen?

Hickmann: Nein, hatten wir nicht. Das liegt vor allem an unserem Konzept. Es gründet darauf, dass wir Partnerfirmen die Möglichkeit bieten, sich in einer Dauerausstellung zu präsentieren. Daraus ergeben sich fixe Einnahmen, die einen großen Anteil der Kosten decken. Was natürlich fehlte, das waren die Einkünfte aus Konferenzen und Events. Da ging der Umsatz gegen null.

Kiesel: Doch da wir mit verschiedenen Veranstaltungen, Gastronomie, Trainings und Dauerausstellung recht breit aufgestellt sind, konnten wir die Einbußen in Grenzen halten.

Wie hat das Partnerschaftsmodell in der Pandemie funktioniert?

Hickmann: Das hat sich sehr erfreulich entwickelt. Wir haben aktuell 47 Partner, von denen allein während der Pandemie zehn weitere dazugekommen sind. Überzeugt hat die vor allem, dass sie sich mangels Messen und ähnlichen Veranstaltungen in einem thematisch klar auf ihre Zielgruppen ausgerichteten Rahmen präsentieren können und hier mit ihren Kunden in Kontakt zu treten.

Wer bringt sich ins Coreum ein?

Kiesel: Das sind nicht nur Hersteller von Baumaschinen, Umschlagmaschinen und Anbaugeräten. Der Ansatz ist, den kompletten Bauprozess abzubilden. Dazu gehört auch die Baustelleneinrichtung mit Containern. Diesen Part hat Ela Container übernommen. Leica steht für die 2D- und 3D-Steurung von Baumaschinen. Dazu kommen Sicherheitsmaßnahmen gegen Absturz und der Verbau. Außerdem nutzen Unternehmen diese Plattform, um spezielle Lösungen zu zeigen. Beispielsweise die Firma IFM, die Sensoren herstellt.

Die Bandbreite ist groß. Doch im Coreum tragen sie dazu bei, die Bauprozess-Kette möglichst umfassend abzubilden.

Wer kommt ins Coreum, wie werden die Gäste angesprochen?

Kiesel: Das geschieht überwiegend durch unsere Partner, die ihre Kunden und Interessenten einladen. Wir werden aber gleichzeitig unmittelbar von Personen angesprochen, die spezielle Maschinen sehen möchten. Das führen wir auf unsere zunehmende Präsenz in der Fachpresse und in den sozialen Medien zurück.

Zurzeit läuft hier die Expo Kanalbau, eine Spezialschau, die typische Problemlösungen im Tiefbau aufzeigt. Seit wann gibt es diese speziellen Events in Stockstadt?

Kiesel: Wir machen das seit dem letzten Jahr. Hintergrund ist, wir wollen gerade wiederkehrenden Besuchern immer wieder etwas Neues zeigen. Neben der zeitlich befristeten, thematisch eng gebundenen und dynamischen Ausstellung bieten wir hier ergänzend vertiefende Präsenz- und Onlineseminare, Themenabende und Experten-Talkrunden zu den branchenspezifischen Themen an.

Welche Felder decken die Expos ab?

Hickmann: Wir denken dabei in Branchen. Wir hatten eine Veranstaltung für Gala-Bauer, jetzt läuft der Kanalbau, und im September geht es weiter mit dem mineralischen Recycling sowie Abbruch. Im nächsten Jahr kommt der Hochbau dazu, ebenfalls mit dem Schwerpunkt Recycling, in dem wir weiterführend den Recycling-Park einbinden werden. Geplant ist zudem ein Schwerpunkt zum Straßenbau.

Das sind drei Themenfelder pro Jahr?

Hickmann: Genau.

Kiesel: Wir unterscheiden hier zwei Angebotsformate: Coreum Individual und Coreum Exklusiv. Besucher haben in kleinen Gruppen die Möglichkeit, sich von Montag bis Freitag mit einem Thema zu beschäftigen. Unsere Branchenspezialisten und Anwendungsberater zeigen die Geräte, die jeder auch gleich testen kann. Gut angenommen wird in diesem Zusammenhang der von uns einmal im Monat angebotene Samstag.

Ein weiteres Format sind unsere Praxistage, die zweimal pro Jahr ähnlich wie eine Messe ablaufen. Dann sind alle unsere Partner vor Ort, und hier ist richtig was los.

Wie viele Besucher haben Sie in pandemiefreien Jahren?

Kiesel: 2019 waren es rund 20.000. Im letzten Jahr kamen ca. 10.000.

Wo liegen die Kapazitätsgrenzen der Infrastruktur?

Kiesel: Bei den Praxistagen ist bei 1.000 Besuchern am Tag Schluss. Denn wir wollen unser Konzept, den Fokus auf den Einzelnen zu richten und ihm Problemlösungen zu erläutern, nicht aufweichen.

Im normalen Betrieb halten sich etwa 200 Menschen hier auf. Das sind dann beispielsweise 200, die an einem Seminar teilnehmen, dazu einige Gruppen bei Schulungen und andere bei Trainings im Außengelände.

Wie groß ist Ihre Kernmannschaft bei normalem Betrieb?

Kiesel: Die Kernmannschaft umfasst zwanzig Personen plus Gastronomie. An den Praxistagen wächst das Team dann auf bis zu 200 Mitarbeiter, die beraten, betreuen und organisieren.

Welche Erkenntnisse sollen den Besuchern während der Praxistage vermittelt werden?

Hickmann: Das läuft ähnlich ab wie bei einer kleinen Demonstrationsmesse. Es kommen in erster Linie Anwender, Maschinisten, aber auch Azubis, teilweise im Rahmen eines Betriebsausflugs am Wochenende, um möglichst viel zu sehen und selbst auszuprobieren. Anfassen, testen, erleben – auf diesen Dreiklang lässt sich das Event zusammenfassen.

Kiesel: Flankiert wird das Ganze durch exklusive Führungen, Produktvorstellungen und Vorträge.

Welche Schwerpunkte möchten Sie künftig stärker besetzen?

Kiesel: Wir wollen uns mehr in Richtung Fahrertrainings bewegen. Dort liegt unsere Kernkompetenz, und damit haben wir gleich nach der Eröffnung angefangen. Themen sind hier Leihmaschinen, Umschlag, Tiefbau. Das bieten wir für Raupen- und Kompaktbagger an, in Kombination mit Ladungssicherung.

Dazu kommen Grundlagentrainings für das Werkstattpersonal wie Hydraulik, Elektrik, Motoren- und Antriebstechnik. Auch in diesen Bereichen werden wir uns weiterentwickeln.

Welche Erwartungen hegen Sie im Zusammenhang mit zurückgehenden Corona-Maßnahmen?

Kiesel: Wir hoffen, dass es hier bald wieder richtig wuselt, das Coreum unter vollem Puls steht. Denn unser erklärtes Ziel ist: Hier soll das Herz der Branche schlagen.

Vor diesem Hintergrund planen Sie bereits den weiteren Ausbau der Anlage, inklusive Hotel.

Kiesel: Um das Konzept rundzumachen, fehlt uns dieses Hotel. Es war von Anfang an Teil des Gesamtkonzepts.

Hickmann: Es sollte in der Tat schon stehen. Gut, dass wir das noch nicht realisiert haben, denn wir hätten wohl zu klein gebaut. Wir bauen jetzt gegenüber den ursprünglichen Überlegungen eine Verdopplung der Bettenzahl auf 134.

Kiesel: Bei Veranstaltungen, die über zwei bis drei Tage gehen, ist es viel angenehmer für die Teilnehmer, wenn man kurze Wege vom Schulungsort zum Hotel und umgekehrt hat. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Sie bauen parallel die Büroflächen aus und erweitern die Präsentationsfläche im Freien.

Hickmann: Wir vergrößern uns um 42.000 m² und sind dann bei insgesamt 120.000 m² freier Fläche.

Kiesel: Dazu kommt ein bestehendes Bürogebäude auf dem neuen Gelände, das gerade saniert wird. Dort werden viele unserer Partner arbeiten, die gemerkt haben, sie brauchen jemanden vor Ort.

Im zusätzlichen Freigelände wird das Thema Recycling eine entscheidende Rolle spielen.

Wieviel Geld investieren Sie in die Erweiterung?

Kiesel: Rund 30 Mio. Euro.

Blick in die Expo Kanalbau.
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45 Partner geben einen Einblick in den Prozessablauf beim Kanalbau.
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Im großzügigen Freigelände demonstrieren Vorführer, was der RSP-Saugbagger leistet.
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