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Archiv 2. Mai 2016

Damit’s gut abläuft

Die Reinigung organisch sowie anorganisch belasteter Verkehrsflächenabflüsse stellt für die im Projekt verantwortlichen Instanzen eine zunehmend größere Herausforderung dar. Die dezentrale Niederschlagswasserbehandlung gewinnt dabei verstärkt an Bedeutung. Grundvoraussetzung für den Einsatz der dezentralen Anlagentechnik ist jedoch, dass sie in den Punkten Reinigungsleistung, Schadstoffrückhaltung und Standzeit den hohen Qualitätsansprüchen, die an zentrale Anlagen gestellt werden, standhält. In NRW regelt der sogenannte Trennerlass (MUNLV, 2005) die Anforderungen an die Niederschlagsentwässerung im Trennverfahren.

Private Baumanahme der Dallmer Sanitrtechnik, Arnsberg.
Private Baumanahme der Dallmer Sanitrtechnik, Arnsberg.

Das Unternehmen Dallmer Sanitärtechnik, Arnsberg (NRW), hat sich im Rahmen einer insgesamt 20.000 m² umfassenden Standorterweiterung für eine eben solche dezentrale Regenwasserbehandlungstechnik von der Enregis GmbH entschieden.

Unternehmens-Info

Dallmer selbst hat sich mit gleichermaßen technisch innovativen wie designorientierten Wasserabläufen einen Namen gemacht. In unauffälliger Eleganz gestaltete, sowie mehrfach ausgezeichnete Ablaufrinnen für bodengleiche Duschen, bilden heute einen wesentlichen Umsatzträger des Arnsberger Traditionsunternehmens. Getreu ihrem Werbeslogan „Damit‘s gut abläuft“ setzt das Unternehmen Dallmer Sanitärtechnik auch im eigenen Bauprojekt auf innovative und vor allem sichere Entwässerungstechnik von Enregis.

Rahmenbedingungen

Wie in vielen ähnlichen Projekten fand das beauftragte Planungsbüro Hellmann aus Arnsberg auch im vorliegenden Fall eine für die Erweiterungsmaßnahme nur unzureichend dimensionierte Entwässerungsinfrastruktur vor. Speziell im Bereich der neu geschaffenen Park- und Wegeflächen konnte eine Anbindung an ein bestehendes Kanalnetz nicht durchgeführt werden.

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Unterschiedlich stark belastetes Abwasser der Mitarbeiterparkflächen sowie Straßen- und Wegeflächen sollten in ein ganzheitliches Regenwasserbehandlungs- und Retentionskonzept eingebunden werden. Eine klassische, gemäß ATV/DVWK Regelwerk dezentrale Behandlung der stofflich belasteten Verkehrsflächenabläufe über einen belebten Bodenfilter (Mulde) mit anschließender Versickerung in den Untergrund war aufgrund der örtlichen Bodenbeschaffenheit nicht möglich.

Ein in direkter Umgebung verlaufendes Oberflächengewässer (Baumbach) eröffnete dann einen weiteren Lösungsansatz. Die Ableitung von Niederschlagsflächenabflüssen in einen entsprechenden Vorfluter stellt heute eine anerkannte Vorgehensweise dar, um eine fachgerechte Liegenschaftsentwässerung sicherzustellen.

Grundvoraussetzung jedoch ist es auch hier, dass das einzuleitende Regenwasser, in Abhängigkeit der Herkunftsfläche und somit des Verschmutzungsgrades, zuvor einer qualitativen Behandlung unterzogen werden muss. Häufig sind darüber hinaus auch die Einleitungsmengen reglementiert, die dann zu einer weiteren Retentions-/Drosselmaßnahme im Zulauf des Vorfluters führen.

Die qualitative Behandlung kann grundsätzlich sowohl über eine definierte Oberbodenpassage, einen Retentions-Bodenfilter (Grünmulde) oder mittels einer technischen dezentralen Regenwasserbehandlungsanlage auch unterirdisch erfolgen. Dies gilt in ähnlicher Weise für die Einleitung von stofflich belasteten Verkehrsflächenabflüssen in eine dezentrale Versickerungsanlage.

Um die Wasserqualität des Vorfluters, in diesem Fall des Baumbaches, zu schützen oder sogar nachhaltig zu verbessern, setzt die Arnsberg Genehmigungsbehörde grundsätzlich sehr hohe Maßstäbe an die Bewertung der zu entwässernden Flächen und in Folge dessen an die Qualität des einzuleitenden Abflusses im Arnsberger Gewerbegebiet Wiebelsheide.

Retentionsanlage im Aufbau.Foto: Foto: Enregis

Grundlagen

Die stoffliche Belastung von Verkehrsflächenabflüssen setzt sich in der Regel aus organischen und anorganischen Stoffen zusammen, die entweder in gelöster oder partikulär gebundener Form im Flächenabfluss auftreten.

Zu den maßgeblichen organischen Stoffen gehören vorwiegend Stoffe wie Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) und Polycyclische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Neben den bereits erwähnten Kohlenwasserstoffen hat man es aber vermehrt auch mit Nährstoffen wie z.B. Phosphor, Nitrit und Nitrat, Phenolen und mit Pestiziden wie z.B. Glyphosat zu tun. Glyphosat wird bereits nahezu flächendeckend als Bestandteil von Unkrautvernichtungsmitteln eingesetzt und erlangte erst vor kurzem hohe Öffentlichkeitswirkung. In diversen Untersuchungen wurden erhebliche Mengen dieses Stoffes in Genussmitteln wie z.B. Bier nachgewiesen.

Die Gruppe der anorganischen Stoffe wird in der Literatur häufig auch als Gruppe der Schwermetalle definiert. Besondere Beachtung bei der Betrachtung der anorganischen Stoffe sollte das bei winterlichen Straßenverhältnissen ausgebrachte Streusalz (NaCL) erhalten. Unter Umständen kann das eingebrachte Streusalz zu Schock-Remobilisierung zuvor gebundener Frachten, häufig Schwermetallfrachten, führen.

Hinzu kommen Stoffe von Sonderflächen wie z.B. von Flughäfen oder Autobahnen, in deren Umfeld organische und auch technische Enteisungsmittel zu den Bestandteilen winterlicher Verkehrsflächenabflüsse zählen. Dies führt schließlich zu extremer Belastung der Gewässer und Böden und in der Konsequenz zu erheblichen Belastungen des Vorfluters oder des Grundwassers.

Das Faservlies schtzt die Retentionsanlage vor Eintrag von Feinmaterial aus dem umgebenden Erdreich.Foto: Foto: Enregis

Umsetzung

Nachdem die Behandlungsbedürftigkeit aufgrund der zu erwartenden organischen und anorganischen Schmutzfrachten aus dem Bereich der Kfz-belasteten Flächen im Projekt Dallmer festgestellt wurde, war allen am Projekt beteiligten Personen klar, dass eine qualifizierte Behandlung des Flächenabflusses notwendig werden würde. Die Einstufung der Herkunftsflächen erfolgte sodann gemäß Trennerlass NRW in die Kategorie II.

Das zuständige Planungsbüro Hellmann entschied sich, und die Genehmigungsbehörde der Stadt Arnsberg genehmigte eine zweistufige Regenwasserbehandlungsanlage der Firma Enregis GmbH, Arnsberg.

Dieses Behandlungssystem besteht aus einer kombinierten Sedimentations-, Abscheideanlage mit integriertem Koaleszenzabscheider des Typs Enregis/Vivo CRC.

Details Behandlungsanlage

Die im Dauerüberstau betriebene zweistufe Behandlungsanlage basiert auf dem Wirkprinzip der Dichtetrennung, der Filtration sowie auf dem Wirkprinzip einer zweistufigen Leichtflüssigkeitsabscheidung nach dem Koaleszenzverfahren. Leichtflüssigkeiten können so von der Wasseroberfläche im Vor-/Grobfilterbereich entnommen bzw. abgesaugt werden. Somit wird auch eine Verblockung der nachfolgenden Filter- bzw. Verfahrensstufen verhindert.

Die abfiltrierbaren Stoffe (AFS), die sich im Schlammraum des Grobschmutzabscheiders abgelagert haben, können hier einfach entnommen werden.

Der Verfahrensansatz basiert auf dem Ergebnis von Untersuchungen die aufzeigen, dass mehr als 90% der organischen sowie der anorganischen Belastungen (hauptsächlich Schwermetalle) des Regenabflusses partikulär gebunden vorliegen und somit abfiltriert/sedimentiert werden können. Das so belastete Sediment (Schlamm) kann ebenfalls in regelmäßigen Intervallen abgesaugt bzw. entnommen werden. Das System kann je nach Bedarf und Bemessungsansatz als Voll- oder Teilstrombehandlungsanlage (gemäß Regelwerk Merkblatt DWA-M 153 [2007]) eingesetzt werden. Im vorliegenden Projekt fand eine Auslegung als Vollstrombehandlungsanlage statt. Die Filterstufe ist als wartungs- und kostenoptimiertes Bauteil ausgelegt. Die Koaleszenzstufe selbst kann werkzeuglos entnommen, begutachtet und gegebenenfalls gereinigt werden.

Ein weiterer Vorteil der hier verwendeten dezentralen Sedimentations-/Abscheideanlage ist, dass sie sowohl bei der Neuplanung direkt oder auch im Bestand in bereits bestehende Straßenabläufe nachträglich eingesetzt werden können, ohne bauliche Anpassungen vornehmen zu müssen.

Um auch den Einleitungsmengenvorgaben im Projekt 10 l/s zu entsprechen, musste ein zusätzlicher Retentionsraum mit gedrosselter Ableitung geplant und eingebaut werden. Aufgrund der nur sehr begrenzt zur Verfügung stehenden Fläche entschied man sich für eine unterirdische Retentionsanlage, aufbauend auf modernen, platzsparenden Kunststoffhohlkörpersystemen des Typs Enregis/X-Box.

Das ausgewählte Produkt zeigt insbesondere im Bereich der Lastaufnahme und Lastabtragung besondere Stärken gegenüber herkömmlichen Kunststoffhohlkörpersystemen. So müssen die Systeme im Projekt Dallmer die hohen Lasten der Fahr- und Parkflächen auf dem neu erschlossenen Betriebsgelände mit reduzierter Überdeckung sicher aufnehmen.

Details Retentionssystem

Das DIBt-zugelassene Schwerlastsystem mit einer zertifizierten Berstdruckfestigkeit von gt; 600 kN/m² kann selbst bei extrem oberflächennahen Einbau des Retentionskörpers die Belastung aus dem Verkehrsraums aufnehmen und langfristig sicher ins Erdreich ableiten.

Die Kunststoffhohlkörperelemente des Typs Enregis/X-Box können direkt auf das tragfähige Erdreich in der Baugrube aufgestellt und sofort mit Standardmaterialien gemäß DIBt-bzw. Herstellervorgaben verfüllt werden. Eine innenliegende, zusätzliche über die Gesamtlänge der Anlage integrierte Filterstufe mit einer Nennweite von gt; DN 500 schützt den Retentionsspeicher und das nachgeschaltete Drosselorgan nachhaltig vor Verschlammung – und dies auch im Störungsfall, sollten vorgeschaltete Filtersysteme nicht fachgerecht betrieben werden. Ein späterer Zugang zum System, für etwaige Wartungs- oder Spülvorgänge erforderlich, wird im Projekt durch die im System ebenfalls integrierten DN 600-Kontrollschächte sowie über gt; 500 mm große Spül- und Kontrollschächte, sichergestellt.

Bedingt durch die optimierte Leichtmodulbauweise des Systems konnte das ca. 150 m³ große Retentionsbecken in weniger als nur einem Tag übergeben werden. Somit konnte der enge Bauzeitenplan, der dem Projekt zugrunde lag, nicht nur eingehalten, sondern sogar noch positiv beeinflusst werden.

Hier zeigen sich Lösungen wie z.B. die von Enregis deutlich im Vorteil gegenüber Lösungen aus Ort-Betonkonstruktionen oder gegenüber kombinierten Kunststoffsystemen, die eine besondere Baustellenvorbereitung oder auch spezielle Bettungs- und/oder auch Füllmaterialien erfordern.

Fertiggestellte Retentionsanlage.Foto: Foto: Enregis

Die Regenwasserbehandlungs- und Retentionslageanlage wurde für eine fünfjährige Überschreitungshäufigkeit eines Starkregenereignisses, wie es nach DWA-Regelwerk (Arbeitsblatt DWA-A 117) empfohlen wird, ausgelegt.

Ein spezielles, vom Hersteller kostenlos zur Verfügung gestelltes, leicht zu bedienendes Softwareprogramm übernimmt die Auslegung der einzelnen Verfahrensstufen bis hin zur Berechnung des Rückhaltevolumens der Versickerungsrigole.

Retentionsanlage eingehaust mit Filtervlies vor der Verfllung.Foto: Foto: Enregis

Fazit

Die hier eingesetzte dezentrale Regenwasserbehandlungsanlage von Enregis in Kombination mit einer modernen Kunststoffhohlkörper-Retentionsanlage mit gedrosseltem Ablauf stellt eine sichere und zugleich ökonomische Alternative zu herkömmlichen Regenwasserbehandlungsmaßnahmen (RKB, Mulden, Beton etc.) dar. Der unterirdische Einbau dieser dezentralen Verfahrenstechnik ermöglicht es für den Planer und Bauherren erst, den gerade im innerstädtischen oder auch gewerblichen Bereich häufig geringen Platzbedarf optimal zu nutzen. Und dies bei einer erheblichen Kosteneinsparung gegenüber herkömmlichen oder alternativen Behandlungskonzepten. Ganz getreu dem Unternehmensmotto „Damit`s gut und sauber abläuft!“

Andreas P. Amft

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