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Archiv 19. November 2016

Rohstoffwende abwendbar?

Nach der Klimawende wollen verschiedene Bundesbehörden nun eine Rohstoffwende einleiten. Beim diesjährigen Forum Miro in Berlin wurde über diese Entwicklung intensiv diskutiert.

Beim Forum Miro in Berlin wurden die Sieger des Arbeitssicherheits-Wettbewerbes ausgezeichnet.
Beim Forum Miro in Berlin wurden die Sieger des Arbeitssicherheits-Wettbewerbes ausgezeichnet.

Die Stimmung am Vorabend des Forums Miro im Berliner Hotel Estrel war ein bisschen angespannt. Nun könnte man Barack Obama die Schuld dafür in die hochpolierten Designerschuhe schieben. Schließlich hatte er an jenem Tag die deutsche Hauptstadt fest im Griff. Heerscharen von Polizisten, verspätete Flüge, abgeriegelte Regierungsviertel ließen einen die Nähe zum scheidenden US-Präsidenten spüren. Wenngleich einige Wirtschaftsjournalisten lieber der Obama-Abschiedstour beiwohnten, anstatt zur Miro Pressekonferenz zu erscheinen, so war der Grund für sorgenvolle Mienen dann doch in einem alltäglicheren Bereich zu suchen. Miro-Präsident Dr. Gerd Hagenguth schilderte die Aufwertung, die die Gesellschaft durch mineralische Rohstoffe erfahre. Schließlich würden alle Menschen seit Ende des Nomadentums Gesteinskörnungen nutzen. Heute wäre der Bau von Infrastruktur ohne Gesteinsrohstoffe nicht möglich, es gäbe keinen Siliziumchip, kein Glas und die Zahnpasta hätte eine weniger angenehme Konsistenz. „Zwar wird allseits anerkannt, dass die Infrastruktur in Deutschland, besonders die Verkehrsinfrastruktur, dringend zu erneuern und zu verbessern ist“, sagte Hagenguth, „aber ein Bekenntnis zur Notwendigkeit der Gesteinsgewinnung lässt auf sich warten.“

Rohstoffe auf dem Kicker

Dr. Harald Elsner von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, beschäftigt sich schon lange mit der Frage, warum die Gesellschaft den Wert heimische Rohstoffe nicht anerkennt. Seine fortwährenden Bemühungen, Kies, Sand und Naturstein aus der staubigen Schmuddelecke zu befreien, werden immer wieder durch bestimmte Behörden und Interessenverbände vereitelt. Dabei würden oft Fakten verdreht und die emotionale Schiene gefahren. „Ein weiteres Problem ist, dass die Bevölkerung gar nicht mehr weiß, wozu heimische Rohstoffe gebraucht werden“, betonte Elsner. Erschwerend hinzukomme, dass das Umweltbundesamt und das ihm nahestehende Öko-Institut nach der Klimawende nun eine Rohstoffwende einleiten will. Dabei setzen die beiden Institutionen auf Recycling-Baustoffe, die an die Stelle von Primärrohstoffen treten sollen. Dass recyclingfähiger mineralischer Bauschutt bereits heute zu über 90 % aufbereitet und wiederverwendet wird und der Ersatz von primären Gesteinsbaustoffen durch RC-Material rein physisch gar nicht möglich ist, sei nach Erfahrungen Elsners kaum zu vermitteln. „Im Umweltbundesamt genauso wie im Öko-Institut sitzen viele Ideologen, die gegen jede Form von Rohstoffabbau sind.“

Was tun?

Miro-Prsident Dr. Gerd Hagenguth (r.) sieht das Imageproblem der Gesteinsindustrie mit Sorge.Foto: Foto: Ute Schroeter
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Wie wirkt man dem weiterhin schleichenden Imageverlust am besten entgegen? Was kann man gegen den Fachkräftemangel tun? Welche technischen Entwicklungen erleichtern die Arbeit in Steinbruch und Kieswerk? Nach der offiziellen Eröffnung des Forum Miro starteten die Workshops, in denen ebensolche Fragen diskutiert wurden. Bezüglich des Umgangs mit der Öffentlichkeit bei heiklen Themen hielt der Psychologe Dr. Michael Kossakowski einen aufschlussreichen Vortrag. Er analysierte, mit welchen Menschentypen man es bei Genehmigungsverfahren zu tun hat. „Sie haben diejenigen, die mit Konflikten ihr Geld verdienen, zum Beispiel Rechtsanwälte oder die Medien.“ Dann gäbe es die Gruppe der „Nein-Sager“, die gegen alles protestiert, auch wenn sie nicht unmittelbar involviert ist. „Und die letzte, kleine Gruppe, das sind die wirklich Betroffenen, also diejenigen, für die tatsächlich Nachteile aus der Maßnahme entstehen.“ Psychologe Kossakowski rät dazu, sich auf die dritte Gruppe zu konzentrieren und deren Probleme ernst zu nehmen. „Bieten Sie diesen Menschen Lösungen an. Die anderen beiden Gruppen sind naturgemäß an einer ernsthaften Diskussion gar nicht interessiert.“ Auch sollten Unternehmen wohlüberlegen, wen sie zu einer Bürgerversammlung einladen und welcher Zeitpunkt günstig ist, um Beteiligte über das Vorhaben zu informieren. „Erst wenn konkrete Informationen vorliegen, sollten Bürger informiert werden. Stehen noch zu viele Unklarheiten im Raum, sind Konflikte vorprogrammiert.“ (Ute Schroeter)

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